Bau eines endgültigen Röhrenverstärkers – 2 – Die Schaltung

Es ist erstens ein Kunststück und zweitens selten nötig, eine eigene Schaltung zu konzipieren. Dank Internet haben wir die Möglichkeit, auf die Ergüsse brillianter Elektroingenieure aus über 50 Jahren zurückgreifen zu können. Man nehme sich die grundsätzlichen Eckpunkte seiner Schaltung und gehe auf die Suche. In der Leserprojekte-Sektion von Jogis Röhrenbude lässt sich viel finden, ansonsten ist auch Google dein Freund. Kurz die Endröhren und PP oder SE eingegeben und schon hält man einige Schaltungsvorschläge in Händen. Was am schönsten aussieht, suchen wir uns aus und stellen das Bauvorhaben dann bei diy-audio.com ein und fragen die Experten nach einer kurzen Einschätzung. Geben diese ihr OK, ist die Schaltung klar.

Meine Eckpunkte waren: KT88 Push Pull, Ultralinear, Röhrengleichrichter, Fixed Bias

Das Resultat meines Such- und Entscheidungsprozesses war der Schaltplan aus diesem Artikel. Herbert I. Keroes war einer von zwei Männern (der andere war Hafler), die den Ultralinear-Betrieb erfunden haben. Wer sowas kann, der kann sicher auch gute Verstärker stricken. Er hat in diesem Fall die Williamsonschaltung, mit der sich die beiden auch intensiv beschäftigt haben, verbessert und für KT88/6550 adaptiert. Der Schaltplan brachte die 6SN7 in der Vorstufe und die 5V4 in der Gleichrichtung mit sich, also habe ich das einfach mal so angenommen.

Erster Schritt war, den Schaltplan ins Reine zu schreiben, da man ihn ja so kaum lesen kann. Außerdem wurde das Netzwerk zur Versorgung von Vorverstärkern entfernt, wie in dem Artikel beschrieben. Dabei kommt das heraus: Erste Bearbeitungsstufe

Im Folgenden wurden noch einige Änderungen vorgenommen:

1. Die Sicherungen in den Kathodenbeinen wurden durch 10 Ohm-Widerstände ersetzt. Dies soll angeblich die Gesamtverzerrung minimieren. Stattdessen befindet sich nun eine Sicherung zwischen Versorgungsspannung und Mittelanzapfung des Ausgangsübertragers, sowie ein Kondensator von der Anzapfung gegen Erde, um einen möglichen Ausschaltstrom abzufangen. Die Widerstände werden mit 1/4W derart dimensioniert, dass sie auch als Sicherungen fungieren.

2. Die Biasversorgung wurde umgebaut. Im Originalschaltplan ist die Biasspannung fest und wird nur mittels Poti auf die beiden Röhren verteilt. Ich wollte eine flexible Einzeleinstellung haben. Diese habe ich einfach aus einem ähnlichen Plan von John Eckland (der übrigens empfehlenswert ist, falls jemand mit Ringkern-Übertrager bauen will) geklaut und eingefügt. (Achtung! Die Biasversorung im Eckland-Plan funktioniert nicht richtig, außerdem braucht man 35V mehr Bias Spannung, wenn man die RC-Zeit-Korrekturglieder im Ursprungsplan von Keroes nutzen will. Die Dinge sind in meinem Plan ebenfalls entsprechend korrigiert.)

3. Die Heizspannung wurde mittels Einführung eines Spannungsteilers auf +25V gelegt. Alle Heizungspins wurden mit 1nF-Keramitkondensatoren gegen Erde versehen. Dies wurde mir im DIYaudio-Forum empfohlen; die Idee stammt von Thorsten Lösch. Einige äußerten Bedenken, ob dies bei meiner Schaltung überhaupt sinnvoll sei, aber es ist nicht teuer und wird schon nicht schaden.

4. Ebenfalls von Thorsten Lösch stammt die Überlegung, dass man Ringkerntrafos vor dem Gleichstromanteil im Stromnetz schützen sollte. Da ich als Netztrafo ebenfalls Ringkerntypen verwende, habe ich seine Gleichspannungssperre aus einem Netzwerk von Gleichrichterdioden und Elkos (es sind die einzigen Elkos in der Schaltung) eingeplant.

5. Und noch mal Lösch: Er empfiehlt, Erde und Chassis von der Signalmasse mittels antiparalleler Dioden zu trennen. Sobald ein ernsthafter Fehlerstrom auftritt, schalten die Dioden durch und die beiden Kreise werden verbunden. Im Normalzustand ohne Strom leiten die Dioden dagegen nicht. So werden Brummschleifen vermieden. Für ein kommerzielles Produkt würde diese Lösung vermutlich nicht zugelassen, ich aber bin König in meiner eigenen kleinen Welt…

Dabei kam folgender Schaltplan heraus, der so Vorlage für den Bau sein wird: (Zur Vollansicht auf das Bild klicken)


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