Messer schärfen – Einleitung

Zu aller erst muss ich mal eine Sache klar stellen: Alle Messer werden stumpf.

Ein hochqualitatives Messer, und sei es von einem Zenmeister unter Wasser mundgeklöppelt, hält zwar die Schärfe bedeutend länger, aber auch bei richtiger Benutzung muss es irgendwann nachgeschliffen werden. Zu aller erst zur „richtigen Benutzung“:

1. Leute, die auf Glas, Keramik oder Stein schneiden, gehören erschossen. Holz ist angesagt. Möglichst kein Bambus, da Bambus mineralische Schleifpartikel enthält, die auch die Schärfe schnell versauen. Plastik ist in Ordnung, aber tatsächlich (auf Grund der im Holz vorkommenden bakteriziden Gerbsäuren) unhygienischer als Holz.

2. Sobald es an Knochen geht, ist ein Beil oder eine Geflügelschere gefragt, eine gute Klinge ist an Knochen in Sekunden ruiniert. Das selbe gilt für Gefrorenes.

3. Das Verkanten von Klingen führt schnell zu Ausbrüchen und muss daher drindend vermieden werden.

4. Die Klinge über die Schneidunterlage zu ziehen, um Schnittgut irgendwo hin zu schieben, ist auch ein sicherer Weg, die Schärfe relativ zügig durchzubringen, auch wenn es die Schneide nicht grob beschädigt. Messer umdrehen und mit dem Rücken schaben.

5. Messer gehören nicht in die Spülmaschine!

Die zweite Sache, die man wissen muss, ist die Unterscheidung zwischen Messern verschiedener Härte. Kohlenstoffgehalt macht Eisen zu Stahl und damit härtbar. Je mehr Kohlenstoff darin ist, desto härter kann der Stahl werden, bis es an einem bestimmten Punkt zu viel wird, sodass der Werkstoff unbrauchbar wird (etwa 1,5-2% C). Harter Stahl ist schwieriger zu schärfen, hält dafür aber die Schärfe länger, allerdings ist mit Härte auch Sprödigkeit verbunden. Man kann daher entweder relativ weichen Stahl nehmen, dieser ist dafür nicht spröde. Die Schneide knickt gerne mal um, kann aber mit einem Wetzstahl wieder aufgerichtet werden. Dies nennt sich „europäischer“ oder „U“-Schliff. Die Japaner gehen traditionell einen anderen Weg: Sie verarbeiten sehr harten Stahl („japanischer“ oder „V-Schliff“); dieser ist in der Lage, wirklich enorme Schnittleistungen zu bringen und die Schärfe auch lange zu halten. Dafür ist harter Stahl wie bereits erwähnt spröde: Sollte der Schneidgrat doch einmal umlegen, so ist er verloren und muss neu aufgebaut werden. Herunterfallen, Verkanten und ähnliches quittiert eine harte Schneide natürlich auch viel eher mit Ausbrüchen als eine weiche. Die Unterscheidung ist also die, ob das Messer auf einem Wetzstahl scharf gehalten werden kann oder ob man damit die Schneide ruiniert. Der Umschlagspunkt liegt etwa bei 60° HRC. Im Grenzfall muss man das leider ausprobieren, eine sichere Voraussagemöglichkeit gibt es nicht. Für den Schleifvorgang selbst spielt dies aber keine Rolle – das Procedre beim Schleifen ist das selbe. Ein U-Schliff ergibt sich durch Belastung und Arbeit mit dem Wetzstahl aus einem weicheren Stahl nach V-Schliff automatisch.

Ein normaler Wetzstahl, das soll an dieser Stelle noch einmal betont werden, hält die Schärfe nur aufrecht, schleift die Klinge aber nicht. Daher wird in regelmäßigen Abständen ein Grundschliff fällig, und zwar, wenn die Schärfe nach dem Stahl zu schnell wieder nachlässt oder die Schärfe nach dem Stahl nicht mehr ausreicht. Es gibt auch Stähle mit s.g. „Zug“, also einer schleifenden Oberfläche. Während ein feiner Zug oder die leichte Abrasivität von einem Keramikstab die Schleifintervalle verlängern, ohne allzu großen Schaden anzurichten, sollte man sich dringend von Stählen mit grobem Zug, Saphir-, Diamant- oder Korundbeschichtung fernhalten. Diese Stähle sind für fleisch- und fischzerlegende Berufe sinnvoll, deren Messer ein paar Euro kosten und die schnell und effektiv wieder Gebrauchsschärfe brauchen. Es ist ohne weiteres möglich, mit einem aggressiven Stahl in recht kurzer Zeit das gesamte Messer auszuzehren, was für die Küche völlig unsinnig ist. Finger weg. Das Stählen von Messern selbst sollte man aber dringend lernen, wenn man solch ein Messer hat, was auf den Großteil der Leserschaft zutreffen dürfte. (Der Keramikstab von Ikea ist nebenbei meine Empfehlung)

Und noch eine kleine Anmerkung: Die Schärfe einer Schneide hängt primär nicht von der Härte, sondern vom Korn und der Geometrie ab. Daher lassen sich Kohlenstoffstähle (feineres Korn) auch wesentlich schärfer machen, als rostfreie Stähle (gröberes Korn). Weiche Schneiden halten nur die Schärfe so gut wie gar nicht, daher scheinen sie subjektiv auch weniger scharf zu sein. Aber für einen Schnitt kann auch ein Dosenblech sehr scharf sein. Dass die Geometrie der Klinge auch einen erheblichen Einfluss auf die subjektive Schärfe hat („wie leicht geht das Messer durch ein Material?“), macht sich der Solinger Dünnschliff zunutze. Aber dazu an anderer Stelle mehr…

4 Antworten to “Messer schärfen – Einleitung”

  1. > Holz ist angesagt.

    Um genau zu sein ist Plastik angesagt. Holz ist viel zu unhygienisch und birgt ein erhöhtes cross-infektions-Risiko.

    • Herr Grau Says:

      Tut mir leid, aber das ist kluggescheißert ohne Ahnung zu haben. Holz ist hygienischer als Plastik – die enthaltenen Gerbsäuren töten Bakterien ab. Das haben viele unabhängige Untersuchungen bewiesen, unter anderem von öffentlicher Seite, wie z.B. von der Biologischen Bundesanstalt und dem Institut für Lebensmitteltechnik. Das Verbot von Holz im Gastrobetrieb ist obsolet und Blödsinn – und findet sich in dieser Form auch nur in Deutschland. Noch.

  2. […] auf. Wer also lange Freude an seinen Messern haben will, sollte sich das Schärfen aneignen. ( → Einleitung Schärfen, Wahl des Schleifsteins, […]

  3. Ich gönnen meinen japanischen Messern nur Wassersteine aus Japan. Mit ein paar Strichen zur rechten Zeit sind sie schnell wieder scharf.

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